Zentrale Parteistellungnahmen

Für das Projekt Wahlprüfsteine Deutschland-Israel 2021 haben wir die sieben Parteien um zentrale Stellungnahmen zu unserem Fragenkatalog gebeten, die laut aktueller Umfragen realistische Chancen auf den Einzug in den Bundestag haben. In alphabetischer Reihenfolge sind das: AFD, CDU/CSU, Die Linke, FDP, Grüne, SPD

Nachfolgend finden Sie die bisher eingegangenen Parteiantworten.

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1. Wie stehen Sie zum Ansatz deutscher Außenpolitik, gegen Israel gerichtete einseitige (auch vermeintlich abgemilderte) Resolutionen in den VN häufig mitzutragen oder sich zu enthalten? Müsste Deutschland nicht häufiger solche Resolutionen klar ablehnen, wie es auch andere EU-Staaten vormachen?

Antwort der CDU/CSU:
CDU und CSU bekennen sich zu der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel. Das zeigt sich auch daran, dass im Zweifelsfall Deutschland die besonderen Beziehungen zu Israel höher gewichtet als den wünschenswerten Konsens der EU in außenpolitischen Fragen. Die Nahostpolitik der Bundesregierung bei Abstimmungen über VN-Resolutionen ist werte- und sachorientiert und möchte die Geltung des internationalen Völkerrechts als Grundlage eines gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten zum Durchbruch verhelfen. Daher soll die Bundesregierung Handlungsvorschlägen nur zustimmen, wenn sie diesem Ziel dienen.

Antwort von Die Linke:
Deutschland sollte sich bei Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung zu Resolutionen, die Israel betreffen, am Inhalt des Resolutionstextes orientieren. Selbstverständlich verbietet es sich, Resolutionen mitzutragen, die Israel als Staat delegitimieren oder sein Existenzrecht in Frage stellen. Uns ist allerdings auch nicht bekannt, dass die Bundesregierung das je getan hätte. Wenn völkerrechtswidriges Handeln der israelischen Regierung benannt und kritisiert wird, ist es richtig, wenn sich die Bundesregierung der Kritik anschließt. Problematisch ist die Schieflage in der Befassung der UN-Generalversammlung mit der Kritik an Israel im Vergleich zu anderen Ländern, in denen ebenfalls – und teilweise erheblich zugespitzter – Konfliktlagen vorhanden sind: So richteten sich im vergangenen Jahr 17 von 23 länderbezogenen Resolutionen der UN-Generalversammlung gegen Israel. Dieser Unverhältnismäßigkeit muss entgegengewirkt werden. Das ändert aber nichts daran, dass die israelische Besatzungspolitik auf dem Westjordanland, die illegalen Siedlungen, die Blockade gegen Gaza weiterhin kritisiert werden müssen. Hier wird gegen Völkerrecht verstoßen und Menschen Leid angetan.

Antwort der FDP:
Die Freien Demokraten haben im Rahmen ihrer parlamentarischen Arbeit als Fraktion im Deutschen Bundestag in der laufenden Wahlperiode bereits einen Antrag zu dieser Frage in den Deutschen Bundestag eingebracht und damit das Thema auf die politische Agenda gesetzt (vgl. „Deutsches und europäisches Abstimmungsverhalten in Bezug auf Israel bei den Vereinten Nationen neu ausrichten“ BT-Drs. 19/7560). Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat die Bundesregierung in dem Antrag aufgefordert, sich in den Gremien und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen (wie der VN-Generalversammlung, dem VN-Menschenrechtsrat oder der UNESCO) klar von einseitigen, vorrangig politisch motivierten Initiativen und Allianzen antiisraelisch eingestellter Mitgliedstaaten zu distanzieren und Israel und legitime Interessen Israels vor einseitigen Verurteilungen zu schützen. Das bisherige deutsche Abstimmungsverhalten soll in diesem Zusammenhang hinterfragt und gegebenenfalls geändert werden.

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:
Wir GRÜNE stehen für das Existenzrecht und die Sicherheit Israels, ohne Wenn und Aber. Das gilt auch für die Politik im multilateralen Rahmen. Diese Verpflichtung erwächst aus der Wertegemeinschaft der Demokratien und aus den Lehren des dunkelsten Kapitels unseres Landes, der Schoa. Die Gründung des Staates Israels war darauf eine Antwort, genauso wie die Grünung der Vereinten Nationen (VN) nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir stehen zu den VN und zum rechtebasierten multilateralen Wertesystem. Daher müssen wir sie stärken und besser machen, und, wenn möglich in europäischer Einbettung, die bestmöglichen Lösungen suchen. Die Zahl der VN-Beschlüsse, die sich mit Israel befassen, ist im Vergleich mit Beschlüssen gegen andere Staaten absurd hoch. Auch hier muss stets Antisemitismus und Antiisraelismus aufgezeigt werden.

Antwort der SPD:
Als Beobachterstaat wenden sich Vertreter:innen der Palästinenser verstärkt an die Vereinten Nationen (VN). Sie können dabei mit der Unterstützung vieler sympathisierender Länder des globalen Südens rechnen. Für uns ist entscheidend, dass das Existenzrecht Israels nicht in Frage gestellt wird, Israel nicht einseitig politisch kritisiert wird und die Anliegen Israels in den Verhandlungen zu Resolutionen berücksichtigt werden. Hierfür setzt sich die sozialdemokratische Außenpolitik mit Nachdruck ein und stimmt gegebenenfalls auch gegen VN-Resolutionen. Gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedstaaten konnte in den vergangenen Jahren regelmäßig erreicht werden, dass Resolutionen, denen eine Mehrheit ohnehin sicher war, nur in deutlich abgemilderter Form angenommen wurden. Darüber hinaus muss die Behandlung des Nahostkonflikts in VN-Foren in angemessenem Verhältnis zu anderen Themen stehen. Deshalb lehnen wir zum Beispiel „Item 7“ des Menschenrechtsrats zur „Menschenrechtssituation in Palästina und anderen besetzten arabischen Gebieten“ als diskriminierend ab.

Antwort der Afd:
Die AfD-Bundestagsfraktion hat sich in den letzten vier Jahren aktiv dafür eingesetzt, das Verhältnis zum Staat Israel zu verbessern. Israel ist die einzige westliche Demokratie im Nahen Osten und wird durch denselben islamistischen Terror bedroht, der auch in Europa viele Opfer gekostet hat.

  • Die AfD hat die Bundesregierung aufgefordert, darauf hinzuwirken, die einseitig auf Israel angewendete Kennzeichnungspflicht für Produkte aus jüdischen Siedlungen aufzuheben. (Drucksache 19/16855).
  • Die AfD hat einen Antrag gegen die Diskriminierung israelischer Staatsbürger, zum Beispiel durch Kuweit Airways, eingebracht. (Drucksache 19/16856)
  • Die AfD-Bundestagsfraktion hat im Bundestag das einseitige Abstimmungsverhalten des deutschen Vertreters bei den Vereinten Nationen scharf kritisiert. Die AfD hat mit der größten Geschlossenheit aller Parteien dem Antrag „Deutsches und europäisches Abstimmungsverhalten in Bezug auf Israel bei den Vereinten Nationen neu ausrichten“ zugestimmt.

www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=585

 

2. Sollte Deutschland seine direkte/indirekte finanzielle Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde und UNRWA daran koppeln, dass Terrorismus und Hetze gegen Israel (u.a. in Schulbüchern, durch die Verehrung von „Märtyrern“ und Unterstützung der Familien von Attentätern) unterlassen wird?

Antwort der CDU/CSU:
CDU und CSU lehnen Zahlungen der PLO an Terroristen oder deren Familien ab. Wir befürworten zudem ein entschiedenes Vorgehen deutscher Politik gegen die Anstachelung von Gewalt und die Erziehung zum Hass, auch im Falle der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Hamas. Daher befürworten wir, auch künftig durch die Bundesregierung sicherzustellen, dass die bilaterale Förderung Deutschlands an die Palästinenser nicht als Budgethilfe, sondern über Projektzusammenarbeit erfolgt.

Antwort von Die Linke:
Deutschland sollte darauf hinwirken, dass antisemitische Ressentiments und Hass gegen Israel unterbunden werden. Die PA hat auch in der palästinensischen Bevölkerung viel Vertrauen eingebüßt. Die UNRWA sieht sich Kritik wegen der Curricula an den von ihr unterstützten Schulen, aber auch wegen Korruption ausgesetzt. Davor verschließen wir die Augen nicht und mahnen dringend Reformen und eine klare friedenspolitische Ausrichtung ihrer Arbeit an. DIE LINKE ist durchaus dafür, mögliche Fehlentwicklungen bei UNRWA aufzuklären und zu korrigieren, aber wir halten nichts davon, einfach den Geldhahn zuzudrehen und damit die sozialen Bedingungen in den palästinensischen Gebieten noch zu verschlechtern. Das würde eher radikalen Kräften in die Hände spielen.

Antwort der FDP:
Wir Freie Demokraten lehnen jede Form der Verherrlichung von Gewalt, Hetze und Antisemitismus entschieden ab und setzen uns dafür ein, dass Schulmaterialien mit derartigen Inhalten nicht durch UNRWA zum Einsatz kommen dürfen. Gerade die Bereitstellung von qualitativ hochwertiger, integrativer Bildung ist aus unserer Sicht im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt von entscheidender Bedeutung und muss einen Beitrag zum israelisch-palästinensischen Friedensprozess leisten. Insbesondere die Tatsache, dass UNRWA auf die Lehr- und Lernmaterialien des jeweiligen Gastlandes, beispielsweise der Palästinensischen Autonomiebehörde, angewiesen ist, stellt diese Bemühungen vor große Herausforderungen. Wir sind überzeugt davon, dass gerade in diesem Bereich eine Reform der Zusammenarbeit von UNRWA, den Gastländern und den Gebern notwendig ist, um eine Verwendung von Schulmaterialen die Gewalt, Hetze, die Glorifizierung von Terrorismus und Antisemitismus beinhalten, ausschließen zu können. Als einer der größten Geber der UNRWA muss Deutschland dadurch auch seiner besonderen Verantwortung gegenüber Israel gerecht werden und sich darüber hinaus mit Nachdruck dafür einsetzen, dass ein regelmäßiger und unabhängiger Monitoringprozess eingerichtet wird, um Fehlentwicklungen schnell entgegenwirken zu können. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat sich hierzu mit einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung gewendet (vgl. „Prüfung von potentiellem Antisemitismus im palästinensischen Bildungssystem“ BT-Drs. 19/26511).

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:
Die palästinensische Autonomiebehörde nimmt seit 1994 quasi Regierungsfunktionen für die Palästinenser*innen wahr und ist auch internationaler Ansprech- sowie Verhandlungspartner für einen angestrebten multilateralen Friedensprozess, für den auch die Grünen eintreten. Anders verhält es sich mit terroristischen Gruppierungen wie der Hamas, die kein akzeptabler Ansprechpartner sind. Die UN und damit auch UNWRA haben keinen Auftrag und auch kein Mandat, Lehrpläne oder Lehrbücher von Gastregierungen zu ändern. Wir haben dennoch Vertreter*innen der UNWRA immer wieder auf dieses Thema hingewiesen und werden es auch weiterhin tun. Diese haben uns versichert, dass sie sich in den Schulen, an denen sie Lehrkräfte eingestellt haben, dafür einsetzen, dass Unterricht gemäß den Werten und Grundsätzen der UN geleistet wird. Damit will UNWRA eine wichtige Kontrollfunktion gegen Rassismus und Diskriminierung einnehmen. Wir werden auch in Zukunft Druck machen, damit sie dem Einhalt gebietet.

Antwort der SPD:
Die SPD stellt sich Aufrufen zur Gewalt, Antisemitismus und der Leugnung des Existenzrechts entschieden entgegen. Wir erwarten, dass der Unterricht an UNRWA-Schulen zu Toleranz und Achtung der Menschenrechte beiträgt, und nehmen die angesprochenen Vorwürfe ernst. UNRWA muss nach entsprechenden Vorfällen die nach den eigenen Regularien möglichen und notwendigen Maßnahmen konsequent ergreifen. Dies hat Außenminister Heiko Maas bei Gesprächen mit dem UNRWA-Generalkommissar Lazzarini klar angesprochen.
Gleichzeitig besteht für die Beschulung der mehr als 530.000 palästinensischen Flüchtlingskinder auf absehbare Zeit keine vertretbare Alternative zu UNRWA. Eine Beendigung der Bildungsleistungen von UNRWA könnte unter anderem zur Folge haben, dass ein großer Teil der rund 280.000 UNRWA-Schülerinnen und Schüler in Gaza entweder überhaupt nicht mehr beschult oder die Schulbildung durch die Hamas oder dezentrale Religionsschulen übernommen würde. Wir unterstützen daher weiterhin das Mandat der VN-Generalversammlung für UNRWA.

Antwort der AfD:
Die AfD spricht sich dafür aus, alle finanziellen Zuwendungen an die UNRWA zu stoppen, bis sämtliche Korruptionsvorwürfe des internen Untersuchungsberichtes der VN aufgeklärt sind und die Organisation grundlegend reformiert wurde. In Schulen und Lehrmaterial der UNRWA darf das Existenzrecht Israels nicht in Frage gestellt werden. Es muss sichergestellt werden, dass die Mittel der UNRWA nicht der Hamas oder anderen islamistischen Gruppen zu Gute kommen. Zu den Reformen gehört auch den Sonderstatus der palästinensischen Flüchtlinge zu hinterfragen und Aufgaben der UNRWA auf die sozialen Dienste UNHCR zu übertragen.
Diese Forderung hat die AfD auch als Antrag in den deutschen Bundestag eingebracht. (Drucksache 19/30414)

3. Welche Position sollte Deutschland in Bezug auf die wieder aufgenommenen Verhandlungen zum (inzwischen eindeutig militärischen) Atomprogramm des Iran und angesichts der Bedrohungen durch das iranische Regime und seine regionalen Stellvertreter für den Nahen Osten und konkret für Israel einnehmen?

Antwort der CDU/CSU:
CDU und CSU treten dafür ein, dass der Iran seine Verpflichtungen aus der Wiener Nuklearvereinbarung von 2015 (JCPOA) strikt einhält und sein ballistisches Raketenprogramm und seine aggressive Rolle in der Region beendet. Bei regionalen Stellvertretern des iranischen Regimes, etwa bei der Hisbollah im Libanon, soll die Aufnahme auf die Liste von Terrororganisationen geprüft werden.

Antwort von Die Linke:
Der Ausstieg der USA aus dem JCPOA verbunden mit den schlimmsten Sanktionen aller Zeiten gegen den Iran sowie gegen jeden Staat, der mit dem Iran Handel betreiben will, hat das Vertrauen der Iranerinnen und Iraner in Verträge mit westlichen Staaten tief erschüttert, die soziale und wirtschaftliche Situation im Land erheblich verschlechtert und so dazu beigetragen, dass den Hardlinern mit ihrem Kandidaten Raisi bei den jüngsten Wahlen ein fulminanter Erfolg gelang. Dazu kommt die Gefahr, dass der Iran ohne das Abkommen weitere Schritte zur Entwicklung von Atomwaffen gehen könnte. Insofern hoffen wir, dass über die Gespräche eine schnelle Rückkehr zum JCPOA erreicht werden kann, d.h. Beendigung der US-Sanktionen, Rückbau der über das Abkommen hinausgehenden iranischen Aktivitäten, Abbau der Überzahl an Zentrifugen, Garantie gegen mögliche künftige Austritte von Vertragspartnern. Das würde erheblich zu mehr Sicherheit in der Region und auch für Israel führen.

Antwort der FDP:
Wir Freie Demokraten sehen es als zwingend notwendig für eine Wiederbelebung des Nuklearabkommens mit dem Iran an, dass das Land zur vollständigen Einhaltung seiner Verpflichtungen zurückkehrt. Darüber hinaus wollen wir, dass Deutschland sich gegenüber der iranischen Führung mit Nachdruck dafür einsetzt, dass die aggressive und destruktive Regionalpolitik des Landes sowie der mit ihm eng verbundenen Hisbollah und Palästinensischem Islamischen Dschihad (PID) beendet wird. Im Rahmen von internationalen Verhandlungen sollen verbindliche Zusagen des Iran über Begrenzungen und Kontrolle für das vom Nuklearabkommen bisher nicht umfasste iranische Raketenprogramm, das Israel direkt bedroht, die Auslauffristen des Nuklearabkommens sowie eine Einstellung der Unterstützung von sogenannten Proxy-Organisationen wie Hisbollah und PID erreicht werden. Die fortgesetzten Hassbotschaften des iranischen obersten Führers Ayatollah Chamenei gegenüber Israel verurteilen wir als Freie Demokraten auf das Schärfste. Zum verstärkten Einsatz für Sicherheit im Nahen Osten haben die Freien Demokraten auf ihrem jüngsten Bundesparteitag einen Beschluss verabschiedet (vgl. „Deutschlands historischer Verantwortung für Israel gerecht werden – verstärkter Einsatz für Sicherheit im Nahen Osten und eine dauerhafte Friedensordnung“).

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:
Für uns GRÜNE ist die Islamische Republik Iran mit ihrer momentanen Führung, Ideologie und Politik ein innen- wie außenpolitisch hochproblematischer Akteur. Die Menschenrechtslage ist verheerend, die aggressive Regionalpolitik zerstörerisch, die Vernichtungsrhetorik gegen Israel und die Bewaffnung von Stellvertreter-Organisationen, die Israels Existenz bedrohen, inakzeptabel. Genau deshalb treten wir GRÜNE für ein Wiederaufleben des JCPoA ein. Ein endgültiges Ende des Abkommens würde eine Katastrophe für die Region mit unüberschaubaren Konsequenzen einer Aufrüstungsspirale bedeuten und die Bedrohung Israels erhöhen. Irans Regionalpolitik hat zu Kriseneskalation und Terrorismus beigetragen. Auch auf diesen Gebieten müssen die Gespräche dringend aufgenommen werden, sobald der JCPoA wieder für alle Seiten bindend ist. Dies allerdings haben die europäischen Staaten nach dem Abschluss des Vertrags bis zu seiner Kündigung durch den ehemaligen US-Präsidenten Trump nicht gemacht. Das wollen wir ändern.

Antwort der SPD:
Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels ist für uns unverhandelbar und ein grundlegendes sicherheitspolitisches Interesse Deutschlands. Wir setzen uns auch in Zukunft dafür ein, dass Iran niemals eine Kernwaffe entwickeln kann. Der Abschluss der Wiener Nuklearvereinbarung mit Iran (JCPoA) war in diesem Zusammenhang eine bedeutsame Errungenschaft der multilateralen Diplomatie. Die SPD begrüßt die Rückkehr der USA zur Diplomatie mit Iran bzw. die Aussicht auf eine Rückkehr beider Länder zur Einhaltung des JCPoA. Wir fordern Iran unverändert dazu auf, zentrale Schritte für die Entwicklung einer Kernwaffe – wie die Herstellung von bis zu 20 Prozent angereichertem Uran – zu unterlassen.
Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern und regionalen Akteuren müssen aber auch weiterreichende Sicherheitsanliegen im Zusammenhang mit Irans Raketenprogramm und Aktivitäten in der Region, die die Sicherheit Israels bedrohen, verstärkt angegangen werden.

Antwort der AfD:
Die AfD lehnt jegliche Herstellung, Besitz oder Einsatz von Nuklearwaffen entschieden ab und setzt sich für den Erhalt und Ausweitung der derzeit geltenden Abrüstungsregime ein. In diesem Zusammenhang verurteilen wir Irans Bestrebungen eigene Nuklearwaffen zu entwickeln aufs Schärfste. Wir begrüßen die Wiederaufnahme der Verhandlungen durch die USA und werden uns weiterhin für das Gelingen dieses Vorhabens einsetzen.

 

4. Sollte Deutschland – wie gegenüber allen anderen Staaten weltweit auch – die souveräne Entscheidung Israels, Jerusalem zu seiner Hauptstadt zu machen, anerkennen und seine Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen?

Antwort der CDU/CSU:
CDU und CSU unterstützen alles, was ein friedliches Zusammenleben von Israelis und Palästinensern fördert und eine Zweistaatenlösung ermöglicht. Letztlich müssen Israel und Palästinenser selbst zu den schmerzhaften Kompromissen bereit sein, die eine dauerhaft tragfähige Friedenslösung mit sich bringt. Die internationale Gemeinschaft, etwa das Nahost-Quartett bestehend aus den USA, der EU, Russland und den Vereinten Nationen kann und soll den Friedensprozess begleiten. Sie kann jedoch bilaterale Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern nicht ersetzen. Daher lehnen CDU und CSU einseitige Schritte wie die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und die Verlegung der deutschen Botschaft nach Jerusalem ab.

Antwort von Die Linke:
Deutschland sollte wie fast die gesamte Staatengemeinschaft seine Botschaft in Tel Aviv behalten. Der Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem war kein Beitrag zur Entspannung im Nahen Osten.

Antwort der FDP:
Wir Freie Demokraten treten für eine verhandelte Zweistaatenlösung als den bislang einzigen Weg ein, um einerseits dauerhaft die Sicherheit des demokratischen Staates Israel zu garantieren und andererseits die Schaffung eines souveränen, demokratischen und lebensfähigen Staates Palästina zu ermöglichen. Die Frage zum Status Jerusalems gehört in diesem Zusammenhang zu einer der großen ungelösten Fragen des Nahostkonflikts. Dabei kann der endgültige Status ganz Jerusalems nur in direkten Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästina geklärt werden.

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:
Der völkerrechtliche Status Jerusalems ist seit der Teilungsresolution der VN-Generalversammlung vom 29. November 1947 ein besonderer („corpus separatum under international law“). Vor diesem Hintergrund des Sonderstatus hat die Frage, ob Jerusalem die Hauptstadt Israels ist oder nicht, völkerrechtliche und internationale Implikationen. Die VNGV-Resolution vom 19.12.2017 hat dies nochmals bestätigt und Staaten aufgerufen, ihre Botschaften nicht nach Jerusalem zu verlegen.

Antwort der SPD:
Wir sind überzeugt, dass es nachhaltige Sicherheit für das jüdische und demokratische Israel nicht ohne einen unabhängigen, lebensfähigen und demokratischen palästinensischen Staat geben kann. Daher tritt die SPD unverändert entschieden für eine Wiederbelebung des Friedensprozesses mit dem Ziel einer verhandelten Zweistaatenlösung ein. Teil einer Verhandlungslösung wird dabei auch der künftige Status von Jerusalem als geteilte Hauptstadt beider Staaten sein. Eine einseitige Veränderung des Status von Jerusalem – sei es von israelischer oder palästinensischer Seite – lehnen wir ab.

Antwort der AfD:
Selbstverständlich erkennen wir das Recht Israels an, seine Hauptstadt selbst zu wählen. Eine völkerrechtliche Anerkennung dieser innerstaatlichen Bestimmung durch andere Staaten ist dafür ohnehin nicht notwendig. Im Hinblick auf Verlegung der deutschen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem strebt die AfD eine Lösung an, die sowohl die Souveränität Israels anerkennt, als auch in Einklang mit den Anforderungen des Völkerrechts steht.

 

5. Wie kann Deutschland die erzielten Fortschritte in der Antisemitismus-Bekämpfung, insbesondere die Ratifizierung der IHRA-Definition, des BDS-Beschlusses des Bundestages und die Schaffung der Stelle des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, aus Ihrer Sicht sichern und weiter ausbauen?

Antwort der CDU/CSU:
Der anwachsende Antisemitismus in unserem Land beschämt uns. Es liegt in unser aller Verantwortung, antisemitischem Hass entschlossen entgegenzutreten. Wir müssen Antisemitismus klar benennen und bekämpfen – egal, woher er kommt: ob von rechtsaußen, linksaußen oder von migrantisch geprägten Milieus. CDU und CSU stehen mit aller Überzeugung dafür ein, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland immer eine Heimat haben, in Sicherheit leben und ihren Glauben praktizieren können.
Wir drängen auf eine zügige Umsetzung der Ergebnisse des Abschlussberichts des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus vom 21. Mai 2021. Unter anderem sollen dazu Forschung und Prävention gefördert, Sicherheitsbehörden, Justiz und Zivilgesellschaft gestärkt, und die gesetzlichen Grundlagen für den Kampf gegen Hasskriminalität erweitert werden.

Antwort von Die Linke:
Die verstärkte öffentliche Thematisierung das nach wie vor vorhandenen Antisemitismus ist Voraussetzung dafür, schon einmal erreichte Fortschritte nicht zu verspielen. Wichtig ist dabei eine realistische Einschätzung des vorhandenen Antisemitismus. Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag fragt regelmäßig nach antisemitisch motivierten Straf- und Gewalttaten. Aber auch die Dokumentation jenseits der Sicherheitsbehörden, wie etwas durch den Verein RIAS, ist hier wichtig. Wir wollen zivilgesellschaftliche Projekte, die sich gegen Antisemitismus engagieren und Präventionsarbeit leisten, durch ein Demokratie-Förder-Gesetz dauerhaft institutionalisieren und unterstützen.

Antwort der FDP:
Jüdisches Leben in Deutschland und Europa ist für uns integraler Bestandteil unserer Zivilgesellschaft. Als Freie Demokraten fordern wir, jeglichem Antisemitismus entschlossen entgegenzutreten. Die politischen Anstrengungen der vergangenen Jahre wollen wir deshalb weiter intensivieren. Politik und Sicherheitsbehörden müssen die spezifische Gefährdung jüdischen Lebens ernst nehmen und sich ihr entschieden entgegenstellen. Es darf keine Toleranz gegenüber irgendeiner Form des Antisemitismus geben. Jüdische Einrichtungen müssen durch staatliche Maßnahmen effektiv geschützt werden. Dabei muss auf die Sicherheitsbedenken der Gemeinden eingegangen werden. In Polizei und Justiz braucht es Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, um antisemitisch motivierte Gefahren und Taten aufzuarbeiten.
In der Schule braucht es Lehrerinnen und Lehrer sowie Lernmaterialien, um Alltags-Antisemitismus zu entlarven und um antisemitischen Vorurteilen sowie Hass vorzubeugen. In der Wirtschaft werden wir durchsetzen, dass für antisemitische und israelfeindliche Geschäftspraktiken, wie sie beispielsweise im Luftreiseverkehr vorkommen, auf deutschen Märkten kein Platz ist. Dabei sollte die IHRA-Arbeitsdefinition Orientierungspunkt sein. Wir beobachten die Aktivitäten von BDS (Boycott, Disin-ventions, Sanctions) mit großer Sorge und treten ihnen klar entgegen. Dazu gehören für uns auch eine Prüfung des Verbots des Al-Quds-Marsches in Berlin sowie härtere strafrechtliche Sanktionen für das Verbrennen von Israel-Fahnen als Ausdruck von israelbezogenem Antisemitismus.
Wir begrüßen, dass das Bundesinnenministerium einen Beauftragten für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus einberufen hat und wollen, dass weitere Bundesländer diesem Beispiel folgen. Die Antisemitismusbeauftragten sind an prominenter Stelle in den jeweiligen Regierungen zu verankern und so arbeitsfähig auszustatten, dass sie auch in der Fläche wirksam werden können. Hierzu haben die Freien Demokraten einen Beschluss verabschiedet (vgl. „Den Antisemitismus entschlossen bekämpfen!“ des 70. Bundesparteitags der FDP vom 28. April 2019).

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:
Wir GRÜNE bekennen uns klar für die besondere historische Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel und haben dies im Bundestag immer wieder deutlich gemacht. Zu dieser besonderen Verantwortung zählt die Notwendigkeit der Bekämpfung des Antisemitismus in Deutschland sowie international. Wir stehen fest hinter den Beschlüssen des Deutschen Bundestags (Drs.18/4803; Drs.19/1823), Antisemitismus in allen seinen Facetten zu bekämpfen. Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die es Anstrengungen aller braucht. Zu dieser Aufgabe gehören die Fortsetzung der engen und freundschaftlichen Beziehungen und die Sicherheit Israels als ein zentrales Anliegen deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Wir streben die Beendigung des israelisch-palästinensischen Konflikts unter Maßgabe des Völkerrechts und der Menschenrechte an. Auch deswegen lehnen wir die BDS-Bewegung ab. Stärkung und Schutz des jüdischen Lebens in Deutschlands wollen wir mit einem Maßnahmenkatalog erreichen (Drs. 19/30957).

Antwort der SPD:
Wir werden nachdrücklich gegen Antisemitismus und jegliche Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit vorgehen. Ein besserer Austausch und abgestimmtes Vorgehen, z. B. durch Schaffung einer Bund-Länder-Kommission, ist wichtig. Straftaten müssen konsequenter erfasst und geahndet werden, z. B. durch Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden oder bei der Bundeswehr bekämpfen wir konsequent. Die Länder müssen dafür sorgen, dass zum Schutz jüdischer Einrichtungen ausreichende Mittel zur Verfügung stehen und das grundgesetzlich garantierte Versammlungsrecht nicht für rechte Demonstrationen an sensiblen Gedenktagen missbraucht wird. Antisemitismus stellt uns vor neue Herausforderungen bei der Aufarbeitung der NS-Verbrechen und der Shoa. Wir werden die wissenschaftliche Aufbereitung der Zeitzeugenberichte und des Quellenmaterials zur NS-Zeit sowie kleine Initiativen und Gedenkorte besser unterstützen. Im ständigen Dialog müssen Bedürfnisse und Erwartungen jüdischer Gemeinschaften einbezogen werden.

Antwort der AfD:
Die AfD hat den Antrag in den Bundestag eingebracht, die antisemitische BDS-Bewegung zu verbieten. Wir halten dieser Forderung fest und dringen darauf, dass die bestehenden Beschlüsse gegen die BDS-Bewegung konsequent umgesetzt werden. (Drucksache 19/9757)
Die AfD hat im Bundestag als erste Fraktion das Verbot der Hisbollah gefordert, damit diese in Deutschland weder Terrorismus gegen Israel vorbereiten, noch Judenhass auf deutschem Boden verbreiten kann, wie das in der Vergangenheit am Al Quds-Tag immer wieder auf abstoßende Weise geschehen ist. (Drucksache 19/10624).
Wir unterstützen den Antisemitismusbeauftragten Felix Klein in seinem Bemühen, antisemitische Straftaten besser zu erfassen. Wir halten diese Erfassung als Basis für jeden politischen Lösungsansatz für so wichtig, dass wir das nicht an nicht-staatliche Akteure auslagern wollen, sondern die Erfassung antisemitischer Übergriffe direkt im Bundesinnenministerium ansiedeln wollen.
Wir begrüßen Kundgebungen und Aktionen wie „Berlin trägt Kippa“, die die Solidarität mit unseren jüdischen Bürgern angesichts eines neuen muslimischen Antisemitismus zum Ausdruck bringen. 

6. Wie kann Deutschland Ihrer Meinung nach seiner kollektiven Verantwortung aus dem Holocaust gerecht werden und neue Formen des Erinnerns gefunden werden in Zeiten, in denen es immer weniger Überlebende gibt und das Gedenken zunehmend ritualisiert, relativiert oder gar diskreditiert wird?

Antwort der CDU/CSU:
In Zeiten, in denen es immer weniger Überlebende der Shoah gibt, gilt es insbesondere nachwachsenden Generationen historisches Wissen möglichst so zu vermitteln, dass junge Menschen die Gegenwartsrelevanz der Geschichte begreifen und einen Bezug zur eigenen Lebenswelt herstellen. CDU und CSU treten für neue, auch digitale Formen des Erinnerns und nachhaltig wirkende Bildungsformate ein. Das Bundesprogramm „Jugend erinnert“ wollen wir daher ausbauen und die Zeitzeugenarbeit in das digitale Zeitalter führen. Insbesondere an Schulen halten wir den sensiblen Umgang mit dem Thema Antisemitismus für wichtig. Uns geht es darum, erinnerungsorientierte Lernformate zu fördern, so dass den Schülern die historischen Ereignisse nicht nur über Lehrbücher vermittelt werden, sondern auch durch fachdidaktisch begleitete Besuche von Gedenkstätten und Erinnerungsorten. Wir fordern daher, die historisch-politische Bildung durch die Intensivierung von Gedenkstättenfahrten zu fördern. Jeder Schülerin und jedem Schüler soll es ermöglicht werden, vor Abschluss der Schule eine KZ-Gedenkstätte zu besuchen. Zudem wollen wir Orte der positiven Demokratiegeschichte für die Vermittlung und Veranschaulichung demokratischer Errungenschaften nutzen.

Antwort von Die Linke:
Kollektive Verantwortung in Hinblick auf den Holocaust und anderer NS-Verbrechen wahrzunehmen, bedeutet die Erinnerung und das Gedenken an die Opfer lebendig zu halten und auf verschiedenen transnationalen Ebenen zu handeln. Angesichts von antisemitischem, rassistischem und anderem gruppenbezogenem menschenfeindlichem Gedankengut, der Einflussnahme rechter Parteien oder geschichtsrevisionistischen Positionen darf an finanziellen und personellen Ressourcen im Bereich der politischen Bildung und NS-Geschichtsvermittlung nicht gespart werden, im Gegenteil. Erinnerungspraxen aber auch die historische und politische Bildungsarbeit müssen sich zudem verstärkt an einer postmigrantischen Gesellschaft in Deutschland orientieren. Seiner Verantwortung nachkommen bedeutet auch, die soziale Lage der Holocaustüberlebenden und anderer NS-Opfer zu verbessern. Viele leiden nicht nur an materiellen Nöten im Alter, sondern auch an den psychischen und physischen Spätfolgen.

Antwort der FDP:
Das Ende der Zeitzeugenschaft stellt uns vor Herausforderungen, die die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag in einem Positionspapier beschrieben und Handlungsempfehlungen gegeben hat (vgl. „Neue Ansätze für eine lebendige und zukunftsgerichtete Erinnerungskultur“). Wir sind der Meinung, es ist Aufgabe einer wehrhaften Demokratie, sich dieser Entwicklungen mit aller Entschiedenheit entgegen zu stellen und die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit zu fördern. Entscheidend ist dafür eine lebendige und zeitgemäße Erinnerungskultur, die eine Begegnung mit der Geschichte, den Menschen und ihren Schicksalen sowie den damit verbundenen Orten ermöglicht.
Zu einer Zeit, in der die letzten Zeitzeugen sterben, muss die Forschung und Wissensvermittlung über die Shoah neue Wege gehen, um die Erinnerung an Leid und Tod, aber auch ermutigende Beispiele der Menschlichkeit wach zu halten. Einer aktuellen Studie der TU Berlin zur Folge bedarf eine erfolgreiche schulische Intervention gegen Antisemitismus einer Mischung aus Aufklärung, Prävention und Intervention. Es ist notwendig, Schulen auf die Möglichkeiten aufmerksam zu machen, damit erfolgreiche Modellprojekte auch in der Breite effektiv umgesetzt werden können.
Wir Freie Demokraten setzen uns zudem dafür ein, dass der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar aufgewertet wird, indem wir eine bundesweite Schweigeminute am Vorbild des israelischen Jom haScho’a einführen. Darüber hinaus wollen wir das Gedenkstättenkonzept modernisieren. Die Stärkung der historischen Orte mit mehr digitalen Angeboten und innovativen Vermittlungskonzepten ermöglicht es, Brücken zu jüngeren Generationen zu bauen, um einen Beitrag zur Stärkung des Bewusstseins für die Freiheit zu leisten.

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:
Politische Bildung muss im frühen Stadium Kinder und Jugendliche an dieses Thema heranführen, u.a. durch Bildungsangebote für Lehrkräfte. Mahnmale wie das Holocaust-Mahnmal in Berlin sind wichtige Orte der Erinnerung, des emotionalen und intellektuellen Anstoßes zugleich. Auch menschliche Begegnungen zwischen Deutschen und Israelis z.B. in Schüleraustauschen, Auslandssemestern und freiwilligen sozialen Jahren halten wir GRÜNE für ein gutes Mittel, um das Bewusstsein für die gemeinsame Aufarbeitung der Geschichte zu stärken. Zugleich dürfen wir in der politischen Auseinandersetzung nicht nachlassen, uns der Relativierung oder gar Diskreditierung dieses dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte entgegenzustellen, ob gegen rechtspopulistische und neonazistische Parteien bzw. Organisationen oder im privaten Umfeld, dem islamistischen oder dem linken Antisemitismus. Wir fordern zudem, erfolgreiche Ansätze der Demokratieförderung in Regelstrukturen der Bildungsarbeit zu übernehmen.

Antwort der SPD:
Die SPD hat sich aus diesem Grund für ein neues Programm ‚Jugend erinnert‘ eingesetzt. Damit wollen wir Jugendliche ermutigen, sich kritisch mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Gezielt sollen damit Gedenkstätten, die bereits heute vorbildliche Arbeit leisten, unterstützt werden, ihre Bildungsprogramme auszubauen. Im Fokus stehen der grenzüberschreitende Austausch junger Menschen, die Kooperation von Gedenkstätten mit Bildungseinrichtungen, Jugendorganisationen und der öffentlichen Verwaltung sowie die Entwicklung innovativer digitaler Formate. Für die SPD ist klar: Wir stehen zu unserer Verantwortung, das Gedenken an die Opfer des Holocausts wachzuhalten und treten jeglicher Relativierung menschenverachtender Diktaturen entschieden entgegen. Im Oktober 2020 wurde auf Initiative der SPD zudem die Errichtung einer Dokumentations-, Bildungs- und Erinnerungsstätte zur Geschichte des Vernichtungskriegs der Nazis und der nationalsozialistischen Besatzungsherrschaft beschlossen. Sie soll über das geschehene Leid in Europa und Deutschland aufklären und den Nachkommen der Opfer Raum für Gedenken und Erinnerung geben.

Antwort der AfD:
Die AfD spricht sich für die Pflege der Erinnerungskultur aus und brachte das damit zum Ausdruck, dass bereits ihre erste Fraktionsveranstaltung mit internationalen Gästen dem Gedenken an die Opfer des Holocaust und dem Kampf gegen den Antisemitismus gewidmet war.
Die AfD bekennt sich zur historischen Verantwortung Deutschlands und sucht das Verhältnis zum Staat Israel zu intensivieren. Darum bekräftige Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland anlässlich des 70. Jahrestages der Staatsgründung Israels, dass das Existenzrecht Israels Teil der deutschen Staatsraison ist.
Die AfD wendete sich dagegen, dass Orte jüdischen Lebens für andere politische Zwecke missbraucht werden, so wendete sich die AfD etwa gegen die antiisraelische Ausstellung „Welcome to Jerusalem“ und gegen den Empfang von BDS-Aktivisten und Vertretern des Iran im Jüdischen Museum in Berlin.

7. Was kann aus Ihrer Sicht zur Förderung des seit 1.700 Jahren bestehenden jüdischen Lebens in Deutschland sowie dem Ausbau der deutsch-israelischen Beziehungen – auch regional und lokal – getan werden?

Antwort der CDU/CSU:
Für CDU und CSU ist klar, dass jüdisches Leben ein fester und wertvoller Teil unserer gesellschaftlichen Identität ist. Um jüdisches Leben weiterhin zu fördern, halten wir es für wichtig, dass die ganze Vielfalt jüdischen Lebens in unserer Gesellschaft sichtbarer wird. Um dies zu unterstützen, führt die CDU beispielsweise jedes Jahr die Aktionswoche „von Schabbat zu Schabbat“ durch. Im Rahmen von unterschiedlichen Austauschformaten wollen wir Raum für persönliche Begegnungen schaffen und deutlich machen, wie sehr jüdisches Leben seit 1700 Jahren zu uns gehört – sei es in der Wissenschaft, in der Kultur, in der Kunst oder in anderen Bereichen unserer Gesellschaft. Damit setzen wir zugleich auch ein Zeichen gegen Antisemitismus. Darüber hinaus ist uns wichtig, dass der Bund die Leistungen des Zentralrats der Juden auch weiterhin fördert. Wir unterstützen auch die Förderung der Sicherung und Betreuung der verwaisten Friedhöfe der ehemaligen jüdischen Gemeinden in Deutschland und von leider notwendigen Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen in Deutschland. Im Hinblick auf die engen und freundschaftlichen deutsch-israelischen Beziehungen wollen CDU und CSU sie in allen Politikbereichen weiter ausbauen, insbesondere beim Jugendaustausch, in der Hochtechnologie und bei der Förderung von Startups.

Antwort von Die Linke:
Die Sichtbarmachung jüdischen Lebens in Deutschland, historisch und gegenwärtig, ist nach wie vor zentral. Auch um immer noch vorhandenen Vorurteilen etwas entgegen zu setzen. Gerade im lokalen Raum bieten sich dafür häufig konkrete Möglichkeiten. Städtepartnerschaften mit Israel und ein verstärkter Schüler*innenaustausch können helfen, ein differenziertes Bild zu vermitteln und die deutsch-israelischen Beziehungen durch konkrete Begegnungen zu vertiefen.

Antwort der FDP:
Noch zu oft beschränkt sich die Wahrnehmung jüdischen Lebens auf Gedenktage oder Friedhöfe. Aber jüdische Gemeinden und ihr vielfältiges religiöses und kulturelles Leben sind in vielen Städten Deutschlands wieder selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft geworden. Juden in Deutschland tragen in vielfältiger Weise zum aktiven gesellschaftlichen Leben bei. Das in den letzten Jahrzehnten seit der Wiedervereinigung wieder aufblühende gesellschaftliche jüdische Leben in Deutschland bleibt nach der Shoah alles andere als selbstverständlich. Es, wo leider notwendig, zu schützen und vielfältig zu fördern bleibt unsere historische Verantwortung, dankbare Pflicht und bürgerschaftliche wie staatliche Aufgabe.
Jüdische Feiertage sollten stärker in den Terminplanungen von Behörden, Schulen und Hochschulen etc. berücksichtigt werden. Gleichzeitig müssen die vielfältige Kultur des Judentums und die religiöse Praxis in den Schulcurricula und der politischen Bildung eine größere Rolle spielen als dies bislang der Fall ist. Hierzu hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag eine Initiative eingebracht (vgl. „Jüdische Vielfalt in Deutschland – Bedürfnisse und Perspektiven von Jüdinnen und Juden respektieren und berücksichtigen“ BT-Drs. 19/29743).

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:
Jüdisches Leben prägt und bereichert unser Land und unsere Gesellschaft. Dass sich nach dem Zivilisationsbruch der Shoa jüdisches Leben in Deutschland wieder etabliert hat, ist ein Glück und unermesslicher Gewinn. Wir GRÜNE unterstützen Projekte, die sowohl jüdisch-säkulares als auch jüdisch-religiöses Leben, jüdische Kultur und Bildung stärken. Wir wollen politische und kulturelle Bildungsangebote für Alle zugänglich machen, um Wissen über die Facetten jüdischen Lebens zu vermitteln. Wir wollen Altersarmut in den jüdischen Gemeinden bekämpfen, in denen v.a. Jüd*innen soziale Absicherung benötigen, die aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion zugewandert sind. Um die deutsch-israelischen Beziehungen weiter zu verbessern, wollen wir jüdische Perspektiven und Expertisen in die historisch-politische Bildungsarbeit, in Antisemitismusprävention und Intervention stärker einbeziehen. Wir wollen israelischen Bürger*innen die Möglichkeit für eine doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland geben.

Antwort der SPD:
Wir sind froh und dankbar, in Deutschland ein so lebendiges jüdisches Leben zu haben. Zahlreiche neueröffnete Synagogen, Ausbildungsstätten für Rabbinerinnen und Rabbiner, Kantorinnen und Kantoren und viele andere Einrichtungen zeugen davon. Das immer vielfältiger werdende Judentum wollen wir stärken und fördern, wo wir können. Bei allen Entscheidungen müssen im ständigen Dialog Bedürfnisse und Erwartungen jüdischer Gemeinschaften einbezogen werden. Hierzu gehört ein sensibler Umgang mit den Traditionen und Gepflogenheiten des Judentums. Bei Fragen von religiösen Feiertagen, Bildungsplänen in Schulen oder der Betreuung in Pflegeeinrichtungen und im Alter muss die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Judentum intensiviert werden.
Zum Schutz jüdischer Einrichtungen müssen noch größere Anstrengungen unternommen werden. Die Bundesländer müssen dafür sorgen, dass ausreichende Mittel zur Verfügung stehen. Außerdem sind die Länder gefordert, dafür Sorge zu tragen, dass das grundgesetzlich garantierte Versammlungsrecht nicht für rechte Demonstrationen an sensiblen Gedenktagen wie dem 9. November oder dem 27. Januar missbraucht werden kann.

Antwort der AfD:
Jüdisches Leben und Kultur waren immer Teil der deutschen Geschichte. Die jüdisch-christliche Tradition ist die Basis unserer westlichen Zivilisation. Der Wiederaufbau jüdischen Lebens in Deutschland besitzt eine große Bedeutung. Die Wiedereinführung der jüdischen Militärseelsorge bei der Bundeswehr war ein wichtiger Schritt.

8. Was kann aus Ihrer Sicht zur Verbesserung des Israel-Bildes junger Menschen in Deutschland getan werden, z.B. durch eine umfangreichere Finanzierung eines breit gefächerten deutsch-israelischen Jugendaustausches mit bestehenden sowie neuen Projekten?

Antwort der CDU/CSU:
Eine Vielzahl von Akteuren in beiden Ländern sichert seit vielen Jahren mit großem Engagement und mit großer Ausdauer die Kontinuität des Austausches. Dieses Engagement wollen CDU und CSU mit mehr Stipendienprogrammen noch stärker unterstützen. Insbesondere setzen wir auf die rasche Umsetzung des Beschlusses der deutschen Regierung und der israelischen Regierung, mit einem Deutsch-Israelischen Jugendwerk den Jugendaustausch weiter zu festigen und auszubauen. So kann das Israelbild junger Menschen in Deutschland und das Deutschlandbild junger Menschen in Israel verbessert werden. Insbesondere wollen wir dabei auch Jugendliche aus bildungsfernen Schichten oder mit Migrationshintergrund einbeziehen. Darüber hinaus halten wir es für wichtig, dass Lehrkräfte mit den Themen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit nicht alleingelassen werden. In Aus- und Fortbildung müssen umfassende, fächerübergreifende Konzepte und Strategien erlernt werden. Wir setzen uns für eine Stärkung der politischen Bildung und Wertekunde ein und werden die politische Bildung in allen Jahrgangsstufen der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen stärken.

Antwort von Die Linke:
Antisemitismus ist in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor ein drängendes Problem. Das haben nicht nur die antisemitischen, rassistischen und frauenfeindlichen Anschläge auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019 und Hanau im Februar 2020 verdeutlicht, sondern auch die zahlreichen weiteren antisemitischen Übergriffe und Berichte von Jüdinnen und Juden über Diskriminierungen in ihrem Alltag. Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen im Bereich antisemitischer Straftaten, Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischer Verweise zur Shoah und ihren Opfern wird die Dringlichkeit nach mehr Bildungsangeboten und einem Ausbau des deutsch-israelischen Jugendaustausches immer deutlicher. Wir wollen, dass die bestehenden deutsch-israelischen Jugendaustauschprogramme finanziell gemäß dem erhöhten Bedarf und Mehraufwand ausgebaut und gestärkt werden, sodass möglichst allen Jugendlichen ein solcher Austausch ermöglicht werden kann.

Antwort der FDP:
Wir Freie Demokraten wollen den Jugendaustausch zwischen Israel und Deutschland vertiefen und auf eine neue Basis stellen. Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten und teilt Werte wie Demokratie und Rechtstaatlichkeit mit Deutschland. Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund der Geschichte der Shoa wollen wir auch in der Gegenwart die Beziehungen zu Israel noch viel besser und enger gestalten.
Das deutsch-israelische Jugendwerk muss entschlossen auf- und ausgebaut werden. An Schulen sollte nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart jüdischen Lebens thematisiert werden. Die jüdische Religion und Kultur allgemein sollten in Lehrplänen auftauchen. Ein reger Austausch zwischen nicht-jüdischen und jüdischen Jugendlichen in Deutschland sowie zwischen deutschen und israelischen Schulen bedarf der klugen Förderung im Rahmen des zwischen Deutschland und Israel verabredeten deutsch-israelischen Jugendwerkes, um eine Brücke zwischen den Ländern und Kulturen zu bauen. Hierzu haben die Freien Demokraten einen Beschluss verabschiedet (vgl. „Den Antisemitismus entschlossen bekämpfen!“ des 70. Bundesparteitags der FDP vom 28. April 2019).

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:
Die Möglichkeiten für persönliche Begegnungen in Deutschland und in Israel müssen ausgebaut und bestehende Kontakte gepflegt werden. Wir GRÜNE wollen die Projekte des deutsch-israelischen Jugendaustausches fördern und u. a. mit einem Alumniprogramm weiterentwickeln und in die Form eines Jugendwerks mit bilateralen Strukturen führen. Zudem soll die sportliche Begegnung stärker als bisher gefördert werden. Bundesregierung und Länder sollen sich für den Ausbau von Fort-, Weiter- und Ausbildungsangeboten zur Sensibilisierung für jüdisches Leben in Deutschland und zur Antisemitismusprävention einsetzen. Auch der interreligiöse Dialog muss, z.B. durch die langfristige Finanzierung von Dialogprojekten wie „Shalom Aleikum“ des Zentralrats der Juden, ausgebaut werden. Wichtig erachten wir auch, Dialog- und Begegnungsarbeit im jüdisch-muslimischen Kontext auszubauen und Kooperationen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Bildungsträgern zu fördern.

Antwort der SPD:
Der Deutsch-Israelische Jugendaustausch hat eine lange Tradition. Zahlreiche junge Menschen haben das jeweils andere Land besucht, Freunde gefunden und Kontakte geknüpft, die beide Länder verbinden. Deshalb werden wir den bilateralen Jugendaustausch weiter stärken. Dazu gehört auch die weitere Ausgestaltung des beschlossenen Deutsch-Israelischen Jugendwerks.
Wir erleben leider immer wieder, dass der Ton in unserer Gesellschaft rauer wird und Antisemitismus kein Problem der Vergangenheit ist. Darauf wollen wir klare und unmissverständliche Antworten geben. Dafür braucht es vor allem breit gefächerte Präventionsmaßnahmen, die von Kita über Schule und Jugendarbeit bis hin zu Berufs- und Hochschulen reichen.
Auch in Zeiten der Pandemie wollen wir Kontakte zu internationalen Partnern aufrechterhalten und digitale Austauschangebote ausweiten. Zentrales Ziel bleibt aber, dass der internationale Jugendaustausch mit persönlichen Begegnungen, sobald es die Lage erlaubt, sofort wieder anläuft.

Antwort der AfD:
Die AfD spricht sich für die Förderung des deutsch-israelischen Jugendaustausches aus. Wir wenden uns zu gleich gegen eine in weiten Teilen der Medien und des Kulturbetriebes vorherrschende einseitige Kritik an Israel. Wir sprechen uns für eine ausgewogene Darstellung Israels in Schule und politischer Bildung aus, die insbesondere auch die Aufbauleistung Israels und seine demokratischen Errungenschaften würdigt und sein Recht auf Schutz seiner Grenzen, Bewahrung seiner jüdischen Identität und auf Selbstverteidigung anerkennt.