76 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gibt es nur noch wenige Überlebende des Holocaust, die in Schulen und Gedenkstätten, bei Veranstaltungen und in Dokumentationen berichten können. In den vergangenen Jahren wurde seitens der Politik, Institutionen und zivilgesellschaftlicher Akteure viel erreicht, um das Zeugnis und Vermächtnis der letzten Zeitzeugen der Shoa zu würdigen und zu bewahren sowie auch an die junge Generation weiterzugeben. Allerdings zeigt sich immer wieder, dass Relativierungen und Leugnungen des Holocaust weiterhin bzw. neu Verbreitung finden und dass das Wissen über den Holocaust nicht immer ausreichend vorhanden ist.

Gedenkstätten und Gedenkveranstaltungen, die Bildungsarbeit in den Schulen sowie regionale und bundesweite Projekte und Aktionen bieten viele Möglichkeiten für das Erinnern an den Holocaust und für die Bewusstmachung der damit verbundenen kollektiven Verantwortung. Ebenso sind der 27. Januar (Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz), der seit 1996 in Deutschland als offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus sowie seit 2005 als internationaler Holocaust-Gedenktag begangen wird, und der Yom HaShoa, der in Israel und in der jüdischen Gemeinschaft weltweit am 27. Nisan des jüdischen Kalenders der zentrale Gedenktag ist, Anlass für diverse Formen des Erinnerns.

Anlässlich der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag am 27. Januar 2021 mahnte Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble: „Als Roman Herzog vor 25 Jahren den 27. Januar zum Gedenktag erklärte, verband er damit „die Hoffnung, (…) Formen des Erinnerns (zu) finden, die zuverlässig in die Zukunft wirken.“ Was für Herzog eine Hoffnung war, ist heute dringende Notwendigkeit. Wir müssen die Formen des Erinnerns erneuern. Unsere kollektive Verantwortung bleibt. Sie schließt auch nachfolgende Generationen ein. Und Deutsche, deren Familien erst nach dem Nationalsozialismus nach Deutschland gekommen sind. Machen wir uns bewusst: Das Selbstverständnis unseres Landes steht auf dem Spiel!“[1]

Damit das Gedenken an den Holocaust auch für zukünftige Generationen eine lebendige, persönlich anrührende und keine ritualisierte Erfahrung werden kann, bedarf es immer wieder neuer Impulse für die persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema – und auch neuer Formen für die Zeit, in der keine persönlichen Begegnungen mit Zeitzeugen mehr möglich sein werden.


 
[1] https://www.bundestag.de/parlament/praesidium/reden/2021/20210127-818708

„Um in Zukunft neue Formen des Holocaust-Gedenkens und einen guten Umgang damit zu finden, müssen wir nach meinem Dafürhalten zwei Dinge beherzigen: Erstens muss diese Aufgabe generationsübergreifend angegangen werden. Und Zweitens über eine vertrauliche und respektvolle Zusammenarbeit zwischen Juden und Nichtjuden in Deutschland.“

Heinz Reuss

Marsch des Lebens

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